Die SPD-Fraktion im Celler Rat beantragt:

Der Verwaltungsausschuss möge beschließen, dass das Rechnungsprüfungsamt die
chronologische Entwicklung von einem positiven Haushalt für 2017 zu einem Millionenverlust
aufarbeitet und die entsprechende Dokumentation mit Belegen dem Verwaltungsausschuss
und Rat vorlegt.

Besonders sind vom Rechnungsprüfungsamt die folgenden Fragen zu beantworten:


1. Hinsichtlich der Gewerbesteuerproblematik wäre eine Offenlegung oder nachvollziehbare
Beschreibung der Prognosemethode für die Gewerbesteuerschätzung
wichtig. Sie wurde bereits 2013 angefragt, aber bis heute nicht
nachvollziehbar offengelegt. Haben sich Kriterien zur Gewerbesteuerschätzung
bei der Aufstellung des Haushaltes geändert, ohne dass sie kommuniziert
worden sind?


2. Im Schreiben des Oberbürgermeisters vom 28.02.2017 wurde von einem „weiteren
Steuermessbescheid aus dem Energiesektor“ gesprochen. Wann ging
er bei der Stadt Celle ein? Wann und wie wurde er erstmalig im Haushalt berücksichtigt?
Welchen Inhalt hat der Steuermessbescheid?


3. Seit wann ist der Verwaltung bekannt, dass es zu einer Steuernachzahlung für
die Städtische Congress Union kommt? Wann lag das Ergebnis der Betriebsprüfung
vor? Ist das Ergebnis abschließend mit dem Finanzamt abgestimmt?
Liegt ein abschließender Bescheid vor und wenn ja, seit wann? Wurde dieser
dem Oberbürgermeister (zeitnah) vorgelegt? Wann und wie wurde der Rat
darüber informiert? Seit wann liegen relativ konkrete Schätzungen für die
Steuernachzahlung vor?


4. Im Brief des Oberbürgermeisters vom 28.02.2017 wird darauf verwiesen, dass
das Problem mit der Steuerverbindlichkeit kommuniziert worden sei. Wann
und wie wurde es kommuniziert? Warum wird dieses Millionenrisiko nicht im
Haushalt unter Pkt. 1.4 „Unspezifische Chancen und Risiken“ erwähnt? Warum
wurden die Mitglieder des Finanzausschusses auch auf Nachfrage nicht
in der öffentlichen Sitzung am 23.02.2017 darauf hingewiesen?


5. Warum wurden die Risiken im Ergebnis- und Finanzhaushalt nicht abgebildet,
wenn sie bekannt waren? Seit wann sind sie in der Finanzabteilung bekannt?


6. Seit wann liegt der Verwaltung die vom Oberbürgermeister in seinem Brief
vom 28.02.2017 beschriebene „Konkretisierung der Mehrbeträge“ für Pensions-
und Beihilferückstellungen vor? Wenn sie vor dem 23.02.2017 eingegangen
sind, stellt sich die Frage, warum sie nicht im Haushalt eingestellt worden
sind? Wie ist in den vergangenen Jahren mit den Pensionslasten verfahren
worden? Wird 2017 anders mit der Einstellung der Risiken verfahren als in
den Vorjahren? Wenn ja, warum?


7. Wurden Kriterien zur Aufstellung des Haushaltes im laufenden Haushaltsverfahren,
aber auch im Vergleich zu den Vorjahren (!) verändert, aber nicht dem
Rat mitgeteilt - wie z.B. die bereits erwähnte Behandlung von Pensions- und
Beihilferückstellungen oder Gewerbesteuern?


8. Worauf bezieht sich der Oberbürgermeister in seinem weiteren Schreiben vom
08.03.2017, dass Gewerbesteuernachzahlungen zu erwarten sind? Welche
Hinweise hat er darauf? In welcher Höhe ist damit zu rechnen? Welche Begründung
gibt es dafür, diese Gewerbesteuernachzahlungen nicht einzustellen?
Muss sich der Rat darauf einstellen, dass womöglich bis zur vorgesehenen
Sitzung des Rates im April zur Beschlussfassung des Haushaltes sich
diese Einnahmen so konkretisieren, dass sie dann doch eingepflegt werden
müssen. Zieht die Verwaltung dann erneut den Haushalt zurück, um ihn zu
überarbeiten?


9. Die von der Verwaltung vorgenommene rechtliche Bewertung des §10
GemHKVO ist womöglich sehr eng ausgefallen. Hätte es eine Möglichkeit gegeben,
den Haushalt, nachdem er durch die Fachausschüsse beraten wurde
und auch die Ortsräte angehört wurden, zu beschließen und ggf. die Veränderungen
in einem Nachtragshaushalt abzubilden?


Begründung


Nach § 154 NKomVG ist das Rechnungsprüfungsamt der Ratsvertretung unmittelbar
unterstellt und nur dieser verantwortlich. Der Verwaltungsausschuss „hat das Recht,
dem Rechnungsprüfungsamt Aufträge zur Prüfung der Verwaltung zu erteilen. Das
Rechnungsprüfungsamt ist bei der sachlichen Beurteilung der Prüfungsvorgänge
unabhängig und insoweit an Weisungen nicht gebunden.“
Das Rechnungsprüfungsamt ist somit prädestiniert und die richtige Stelle, um für den
Rat die chronologische Entwicklung von einem positiven Haushalt für 2017 zu einem
Millionenverlust aufzuarbeiten.
Zur Chronologie:
In einer Sitzung der Verwaltung mit den Fraktionsvorsitzenden in der Heimvolkshochschule
Hustedt am 06.12.2016 wird erstmalig der Haushalt 2017 vorgestellt. In
einer Präsentation stellt der Kämmerer Herr Bertram das vorläufige Ergebnis vor. Der
Ergebnishaushalt schließt mit 31.800 Euro positiv ab.
Dem Rat wird am 16.12.2016 der Haushalt vorgestellt. Das Gesamtergebnis steht
unverändert bei 31.800 Euro.
Nach den Beratungen des Haushaltes in den Ausschüssen und den Parteien findet
eine vertrauliche Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Personal und Verwaltungsmodernisierung
(AFPV) am 14.02.2017 statt. In der Sitzung wird die Verwaltung
nach Zahlen im Haushalt befragt, die nicht auf Satzungen, Gebührenordnungen oder
anderen Dokumenten beruhen („Luftnummern“). Da die Frage spontan nicht beantwortet
werden kann, soll sie in der folgenden öffentlichen Sitzung beantwortet werden.
In der öffentlichen Sitzung des Finanzausschusses am 23.02.2017 wird wieder
nachgefragt. Die Verwaltung bestätigt, dass keine „Luftnummern“ im Haushalt vorhanden
sind. Zusätzlich wird gefragt, ob ebenfalls keine zusätzlichen Risiken in Millionenhöhe
bekannt seien, die nicht im Haushalt stünden. Besonders wird Pkt. 1.4
„Unspezifische Chancen und Risiken“ angesprochen. Es wird die dezidierte Frage
gestellt, ob andere Millionenrisiken als die „exemplarisch“ aufgelisteten bekannt seien.
Das wird seitens der Verwaltung ausdrücklich verneint.
Aufgrund der Auskünfte empfiehlt der Ausschuss einstimmig ohne Gegenstimmen
die Annahme des Haushaltes, der mit einem Überschuss von 123.300 Euro abschließt.
Zwei Arbeitstage später am 28.02.2017 informiert der Oberbürgermeister in einem
Schreiben die Mitglieder des Verwaltungsausschusses, dass der positive Abschluss
des Ergebnishaushaltes nicht mehr gehalten werden könne und es aufgrund von
- Gewerbesteuermindereinahmen
- Rückstellungen für Steuerverbindlichkeiten der Städtischen Congress Union und
- Rückstellungen für Pensions- und Beihilfeverpflichtungen
zu einem Jahresverlust von voraussichtlich 4,0 Mio. Euro komme werde und ein
Haushaltsicherungskonzept aufzustellen sei.
In einem Schreiben vom 08.03.2017 informiert der Oberbürgermeister die Ratsmitglieder
darüber, dass die Stadt nun wieder wahrscheinlich von einer Steuernachzahlung
profitieren könnte.