Liebe Veranstalterinnen, liebe Ratskollegin Behiye Uca, liebe Anwesenden, liebe Cellerinnen und Celler!
Die Geschehnisse vom 03.08.2014 im Shengal-Gebirge sind ein abartiges Beispiel für Verfolgung, Verbrechen, Völkermord und Demütigung. Ziel der Täter war es, eine ganze Religionsgemeinschaft zu vernichten, weil sie es nach den wahnhaften und kranken Vorstellungen des IS nicht wert war, auf dieser Welt zu existieren.

Dieses Muster kommt einem bekannt vor. Immer wenn dieses Muster, dieses Böse aus den Menschen hervorkommt und ausgewählte Opfer durch die Hände der Täter ein Martyrium erleiden müssen, dann endet auch in diesem Moment und an diesem ganz speziellen Ort etwas Ordnendes, etwas Sinnvolles, etwas absolut Notwendiges, etwas Menschliches, nämlich: Zivilisation.

Nur durch Zivilisation kann unser Zusammenleben funktionieren. Zivilisation endet aber immer dort, wo Völkermord und Vernichtung Einkehr erhält. So vielerorts geschehen, nicht weit weg von uns, zum Teil auch hier an dieser Stelle. Zivilisation trat beim Völkermord an den Armeniern 1915 zurück. Zivilisation setzte beim Massenmord in Srebrenica 1995 aus. Zivilisation endete jäh an den Hochöfen und Krematorien von Ausschwitz und anderen Vernichtungslagern Europas.

Liebe Anwesende, liebe êzîdische Gemeinschaft hier in Celle,

Ihr seid ein Teil dieser Stadtgesellschaft. Bereits seit Generationen. Ihr trauert um Eure Brüder und Schwestern, die im Shengal-Gebirge gefallen, getötet, verschleppt, versklavt und gedemütigt wurden. Viele von Euch haben Kontakte zu den betroffenen Familien. Insofern trauert nicht nur Ihr, sondern ganz Celle. Denn Ihr seid Teil dieser Stadt. Und Eure Brüder und Schwestern sind auch unsere Brüder und Schwestern!

Was bleibt ist der Appell zum Widerstand gegen Völkermord, Demütigung und Verfolgung. Was aber auch bleibt ist der Appell zum Zusammenhalt, zum Miteinander und zur Solidarität über die Grenzen Celles hinweg.

Lang lebe die êzîdische Gemeinschaft! Lang lebe unsere Stadtgesellschaft!