Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

2018 war ein Jahr voller Umbrüche, Verwerfungen, Unsicherheiten und poltischen Entwicklungen, die in Ihrer Gesamtheit eindeutig negativ zu bewerten sind. Menschen fühlen sich unsicher, hegen Zukunftsängste, lieb gewonnene Orientierungsstützen brechen nach und nach weg.

Kern des gesellschaftlichen Zusammenlebens sind und bleiben die Kommunen. Diese verwalten sich nach dem verfassungsrechtlich garantiertem Subsidiaritätsprinzip selbst.

Was heißt das für uns?

In den Kommunen muss das gesellschaftliche Miteinander organisiert werden. Hier müssen die uns zugeordneten Politikfelder eigenständig beackert und entsprechende, zukunftsweisende Entscheidungen getroffen werden.

Das kostet Geld. Geld, von dem es nie genug gibt.

Gleichzeitig müssen in diesen unruhigen Zeiten Sicherheiten geschaffen werden, die zur Organisation des gesellschaftlichen Lebens notwendig sind. Insbesondere die Daseinsvorsorge ist kommunal zu organisieren, durchzuführen und weiterzuentwickeln.

Zur Daseinsvorsorge gehört nicht nur die Bereitstellung technischer Infrastruktur wie Straßen, Kanäle, Energie, die Abfallentsorgung oder aber Schulen und Kindertagesstätten. Zur Daseinsvorsorge gehört aus unserer Sicht eben auch, die Bereitstellung kultureller Angebote und die behördliche Hilfe für diejenigen Menschen, die aufgrund ihres Alters und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation einer Hilfe bedürfen: die Jugendlichen.

Ein kultureller Baustein dieser Stadt - die Rede ist von Kunst & Bühne -. wird allein aus betriebswirtschaftlicher Sicht eingestampft und ein bürgerschaftliches Engagement, die den Betrieb selbständig aufrecht erhalten will, finanziell nicht weiter unterstützt. Gerade hier muss doch bürgerschaftliches Engagement belohnt werden, schließlich wird das kulturelle Angebot doch auch im Interesse der Stadt aufrechterhalten, nur eben nicht öffentlich, sondern privat. Das Subsidiaritätsprinzip in der reinsten Form, wenn Sie so wollen…

Durch die Abgabe der städtischen Jugendhilfe an den Landkreis begann die Stadt einen völlig unnötigen und gravierenden Tabubruch. Dieser Tabubruch führt zu noch mehr Unsicherheit und Orientierungslosigkeit und spart mittelfristig auch kein Geld zugunsten des städtischen Haushalts. Durch die Abgabe treten nach und nach Verwerfungen auf, sicher geglaubte kleinere Jugendprojekte droht das Aus. Gerade diese Projekte sind aber - seien sie auf dem ersten Blick noch so unbedeutend, da sie nur wenige Menschen betreffen - wichtig für das soziale Gefüge dieser Stadt. Ein kluger Politiker hat an dieser Stelle einmal vom „Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält“ gesprochen.

Meine Damen und Herren, Celle muss selbstbewusster werden. Wir sind große und selbständige Stadt und nicht kleine und fremdgesteuerte Samtgemeinde.

Wir fordern auf der einen Seite richtigerweise vom Landkreis, seinen Haushalt so aufzustellen, dass die Kreisumlage verlässlich und vorhersehbar für unseren Haushalt organisiert wird. Auf der anderen Seite überlassen wir dem Landkreis ohne Gegenleistung eine Kernkompetenz gesellschaftlichen Handelns: die Jugendhilfe.

Kein Wunder, dass der Landkreis eine Politik gegen die Stadt fahren kann, wie sie eben gerade gefahren wird. Die eingesparten Kosten durch die Abgabe werden durch die Kreisumlage wieder sukzessive aufgefressen.

Wir brauchen als Stadt Celle mehr Selbstbewusstsein!

Wir müssen uns unserer Stärken bewusst werden. Und kommen Sie mir nicht mit den gesetzlichen Regelungen, dass die Jugendhilfe durch Landkreise durchzuführen ist. Es ist ebenso gesetzliche Grundlage, dass Celle dieses Recht auch nach wie vor hätte wahrnehmen können.

Wir brauchen mehr Selbstbewusstsein. Wir dürfen uns nicht kleiner machen als wir sind!

Aus meiner Sicht erfüllen die Landkreise immer dort eine wichtige Funktion, wo es Kommunen aufgrund ihrer Größe nicht möglich ist, kommunale Selbstverwaltung zu organisieren.

Aus Celler Sicht sehe ich den Landkreis als eine Art Dachverband mit Servicedienstleistungscharakter für seine Mitglieder, den Gemeinden.

Unsere Mitgliedsbeiträge sind hoch, viel zu hoch. Die Stadt Celle nimmt Kredite auf, um die Kreisumlage zu finanzieren. Der Landkreis erwirtschaftet auf der anderen Seite Überschüsse.

Kann mir das jemand in diesem Haus erklären? Gibt es einen Dachverband in Deutschland, der so mit seinen Mitgliedern umgeht? Aus meiner Sicht ist eines ganz klar: der Landkreis ist für die Stadt da, nicht umgekehrt!

Ich möchte an dieser Stelle ganz ausdrücklich den Kämmerer dafür loben, dass er diesen absurden Tatbestand kritisiert und uns mehr als nur einmal bestätigt hat.

Insofern bedarf es an dieser Stelle einer Bündelung städtischer Interessen, gerade auch im Kreistag, in dem viele städtische Abgeordnete sitzen. Über die Parteigrenzen hinweg bedarf es endlich der Bildung einer funktionierenden Celler Interessenvertretung. Das hat die SPD seit Jahr und Tag eingefordert. Ich ermahne aber auch an dieser Stelle meine eigene Partei, davon nicht abzurücken.

Ich lade jedem in diesem Hause ein, gemeinsam Konzepte für die Stadt zu entwickeln, die das Ziel haben müssen, durch ein kluges und faires Miteinander zwischen Stadt und Landkreis wieder mehr finanzielle Handlungsspielräume für unsere Stadt zu generieren.

Wir sollten unser Verhältnis zum Landkreis überdenken, besser: neu denken! Die Einladung steht.

Gleichzeitig mahne ich eindringlich davor, weitere, für eine große und selbständige Stadt selbstverständliche Bereiche an unseren Dachverband ohne Not abzugeben. Ich habe hier insbesondere Leistungsbereiche des Sozialamtes im Auge. Die Durchführung von sozialen Bundesgesetzen gehört für uns ebenso zu den Kernaufgaben einer Stadt wie Celle wie zum Beispiel die Wirtschaftsförderung. Keiner aus der Verwaltung käme auch nur im Ansatz auf die Idee, die Wirtschaftsförderung an den Landkreis abzutreten. So ging es uns mit der Jugendhilfe und geht es mit der Sozialhilfe.

Zum Thema Stadtentwicklung:

Neuenhäusen als Sanierungsfall steht seit den 80er Jahren auf der stadtpolitischen Agenda. Insbesondere die Celler Sozialdemokratie traten seit den früher 80er Jahren für eine Sanierung des zentralen Stadtteils an und meldeten vehement Handlungsbedarf an. Dieses mündete zur bekannten GEWOS Studie aus dem März 1987, in der im Rahmen von vorbereitenden Untersuchungen auf über 85 Seiten städtebaulich bilanziert wurde und mögliche Maßnahmen aufgezeigt wurden.

Unterstützung bekamen die Befürworter zur Sanierung Neuenhäusens erst 2012, als seitens der CDU die Forderung „des Endes des Dornröschenschlafes“ gestellt wurde, zugegeben hier lediglich auf das ehemalige Stadtwerkegelände beschränkt, aber immerhin…

Die von der CDU ins Feld geführte Sanierung „light“ wurde vom Ortsrat konkretisiert und eine Gesamtsanierung die auch weitere, im Ortsteil sanierungsbedürftige Teilareale beinhaltet, angeregt.

Es ist immer gut, als Kommune Bauland im Angebotstableau so z.B. unsere neuen Baugebiete in Klein Hehlen, Groß Hehlen und Garßen zu führen.

Insbesondere dann, wenn erhebliche Anteile von neuen Baugebieten über den sozialen Wohnungsbau geplant, umgesetzt und realisiert werden können gewinnt die Stadt. Ein entsprechender Antrag wurde durch meine Fraktion bereits eingebracht.

Ein weiteres Ziel meiner Fraktion, das der städtischen Nahverdichtung ist aber weniger in den Randlagen als vielmehr im Kerngebiet unserer Stadt möglich. Neuenhäusen ist derjenige Ortsteil, der diesem Kriterium am meisten entspricht.

Aus diesem Grund halten wir die Sanierung Neuenhäusens für unabdingbar. Eine Aufschiebung in die Zukunft, ohne konkret fixierten Beginn ist unverantwortlich. Eingangs sprach ich von Verwerfungen die in letzter Zeit das Weltgeschehen bestimmten. Tatsächlich ist eine Aussage, wann der städtische Haushalt eine Nettoneuverschuldung von Null haben wird lediglich eine Annahme. Zu viele Variablen, auf die die Stadt keinerlei Einfluss hat können diese Annahme zu Nichte machen.

Wir brauchen an dieser Stelle nur Mut. Mut, der sich aus dem eingangs angesprochenen Selbstvertrauen speist. Wer kein Selbstbewusstsein hat, hat keinen Mut. Wer keinen Mut hat, schiebt Entscheidungen auf die lange Bank. Wird eine lange Bank erst einmal vollgeschoben, fällt früher oder später hinten was runter.

Meine Damen und Herren, die Sanierung Neuenhäusens darf nicht runterfallen!

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzende, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Tatsache, dass der Haushalt 2019 erstmalig ohne die Großposition Jugendhilfe zur Abstimmung steht, zwingt uns dazu, den hier vorliegenden Haushaltsentwurf abzulehnen.

Die Tatsache, dass der Haushalt 2019 die Aufnahme des Sanierungsgebietes Neuenhäusen nicht behandelt und aufweist, zwingt uns ebenso dazu, den hier vorliegenden Haushaltsentwurf abzulehnen.

Celler macht sich mit diesem Haushalt klein. Zu klein. Celle könnte mehr. Celle braucht mehr Selbstbewusstsein.

Für eine selbstbewusste, eigenständige und frei handelnde Stadt Celle!

Ihre SPD Fraktion.